Fragen, die zählen. Gedanken, die bleiben.
Bei dem Schulfach Praktische Philosophie handelt es sich um ein verhältnismäßig junges Unterrichtsfach. Es wurde im Rahmen eines vom Landtag beschlossenen Schulversuchs in NRW ab 1996 für vier Jahre erprobt, bevor es im Schuljahr 2000/01 als Unterrichtsfach eingerichtet wurde. Das Schulgesetz sieht vor, dass Schüler*innen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, im Fach Praktische Philosophie unterrichtet werden. Somit sind alle – unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit – eingeladen, sich gemeinsam mit den unten genannten Themen zu beschäftigen.
Nachdem das Schulfach Praktische Philosophie am Helmholtz Gymnasium seit 2000/01 in der 9. und 10. Jahrgangsstufe erteilt wurde, sind wir seit 2012 dazu übergegangen, das Fach Praktische Philosophie in den 5. – 9. Jahrgangsstufen durchgängig anzubieten.
Der Begriff Praktische Philosophie ist in sich scheinbar widersprüchlich. „Praktisch” bedeutet „zweckmäßig, geschickt, tatsächlich”. Das Wort bezeichnet etwas Nützliches, Brauchbares, das auf ein konkretes Hier und Jetzt in der Alltagswelt ausgerichtet ist. Philosophie lässt sich demgegenüber mit „Liebe zur Weisheit” übersetzen, womit gemeinhin ein weltabgewandtes Nachdenken über abstrakte und unlösbare Probleme verbunden wird. Das Schulfach Praktische Philosophie überbrückt diesen vermeintlichen Widerspruch, indem es die konkreten Alltagserfahrungen und existentiellen Grunderfahrungen der Schülerinnen und Schüler aufgreift und auf ideengeschichtliche Fragen der klassischen Philosophie und der großen Religionen anwendet. Folgende Fragenkreise werden thematisiert:
Fragenkreise:
- Die Frage nach dem Selbst
- Die Frage nach dem Anderen
- Die Frage nach dem guten Handeln
- Die Frage nach dem Recht, Staat und Wirtschaft
- Die Frage nach Natur, Kultur und Technik
- Die Frage nach Wahrheit, Wirklichkeit und Medien
- Die Frage nach dem Ursprung, Zukunft und Sinn
Aus den Fragekreisen werden unter Berücksichtigung der drei didaktischen Perspektiven (personale, gesellschaftliche und Ideen-Perspektive) konkrete Unterrichtsthemen entwickelt, in denen im Sinne eines kompetenzorientierten Unterrichts verschiedene Teilkompetenzen aus den Bereichen personaler, sozialer, sach- und methodenbezogener Kompetenzen als Leitkompetenzen ausgewiesen und miteinander vernetzt werden.
Inhalte
Jahrgang 5
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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Einführung in das Fach Philosophie | |
1 | „Ich“ – Wer ist das? |
2 | Menschen unter Menschen |
3 | Regeln und Gesetze |
4 | Wahrheit und Lüge |
5 | Tiere als Mit-Lebewesen |
Jahrgang 6
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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1 | Zeit, Freizeit, freie Zeit |
4 | Armut und Wohlstand |
7 | Leben und Feste in unterschiedlichen Religionen |
2 | Konflikte – Wie soll man damit umgehen? |
Jahrgang 7
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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4 | Alle gerecht behandeln |
6 | Medien – Fenster zur Welt |
3 | Lust am Leben ohne Gewalt |
1 | Pubertät – eine Achterbahn der Gefühle |
Jahrgang 8
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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7 | Gück und Sinn des Lebens |
2 | Freundschaft, Liebe und Partnerschaft |
5 | Natur – Kultur – Technik: Wie hängt alles zusammen? |
6 | Wahrheit oder Lüge – Die Welt der Medien |
Jahrgang 9
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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3 | Gewissen und Verantwortung |
7 | Gottesbild, Menschenbild und Ethik der Weltreligionen |
2 | Das Fremde und das Eigene |
4 | Mein Platz in der Arbeits- und Wirtschaftswelt |
Jahrgang 10
Fragenkreis | Unterrichtsthema |
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1 | Gewissen und Verantwortung |
7 | Gottesbild, Menschenbild und Ethik der Weltreligionen |
6 | Das Fremde und das Eigene |
5 | Mein Platz in der Arbeits- und Wirtschaftswelt |
2 | Konflikte – Wie soll man damit umgehen? |
Sekundarstufe II
Das Fach Philosophie kann von der Einführungsphase an gewählt, bis zum Abitur weitergeführt und als Prüfungsfach im gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld gewählt werden. Ein Besuch des Unterrichtsfaches Praktische Philosophie in der Sekundarstufe I ist nicht Voraussetzung.
Die Bezugsdisziplin des Philosophieunterrichts ist die Philosophie. Diese untersucht die Prinzipien des Denkens, die Grundlagen menschlichen Wissens, die Geltungsansprüche von Wahrheitsbehauptungen und Wissenschaften, Normen und Werte des Handelns, Grundsätze der Moral, Rechtfertigungen und Ziele von politischen und rechtlichen Ordnungen und vieles mehr.
Hieraus ergeben sich für das Unterrichtsfach Philosophie thematische Inhaltsfelder, in die in der Einführungsphase exemplarisch eingeführt wird und die in der Qualifikationsphase schwerpunktmäßig behandelt werden. Somit werden folgende Unterrichtsvorhaben am Helmholtz-Gymnasium thematisiert:
Unterrichtsvorhaben im Fach Philosophie in der Einführungsphase
- Was heißt es zu philosophieren? – Welterklärung in Mythos, Wissenschaft und Philosophie
- Ist der Mensch ein besonderes Lebewesen? – Sprachliche, kognitive und reflexive Fähigkeiten von Mensch und Tier im Vergleich
- Eine Ethik für alle Kulturen? – Der Anspruch moralischer Normen auf interkulturelle Geltung
- Wann darf und muss der Staat die Freiheit des Menschen begrenzen?
- Die Frage nach dem Recht und der Gerechtigkeit von Strafen
- Kann der Glaube an die Existenz Gottes vernünftig begründet werden? – Religiöse Vorstellungen und ihre Kritik
- Was können wir mit Gewissheit erkennen? – Grundlagen und Grenzen menschlicher Erkenntnis
Unterrichtsvorhaben im Fach Philosophie in der Qualifikationsphase
Q1.1: Das Selbstverständnis des Menschen
- Ist die Kultur die Natur des Menschen? – Der Mensch als Produkt der natürlichen Evolution und die Bedeutung der Kultur für seine Entwicklung
- Ist der Mensch mehr als Materie? – Das Leib-Seele-Problem im Licht der modernen Gehirnforschung
- Ist der Mensch ein freies Wesen? – Freiheit und Determinismus
Q1.2: Der Mensch und sein Handeln; Werte und Normen des Handelns
- Wie kann das Leben gelingen? – Antike Auffassungen eines guten Lebens
- Soll ich mich im Handeln am Kriterium der Nützlichkeit oder der Pflicht orientieren? – Utilitaristische und deontologische Positionen im Vergleich
- Gibt es eine Verantwortung des Menschen für die Natur? – Ethische Grundsätze im Anwendungskontext der Ökologie
Q2.1: Zusammenleben in Staat und Gesellschaft
- Welche Ordnung der Gemeinschaft ist gerecht? – Ständestaat und/oder politie
- Wie lässt sich eine staatliche Ordnung vom Primat des Individuums aus rechtfertigen? –Vertragstheorien im Vergleich
- Lassen sich die Ansprüche des Einzelnen auf politische Mitwirkung und gerechte Teilhabe in einer staatlichen Ordnung realisieren? – Moderne Konzepte von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit auf dem Prüfstand
Q2.2: Menschliche Erkenntnis und ihre Grenzen; Geltungsansprüche der Wissenschaften
- Was leisten sinnliche Wahrnehmung und Verstandestätigkeit für die wissenschaftliche Erkenntnis? – Rationalistische und empiristische Modelle im Vergleich
- Wie gelangen die Wissenschaften zu Erkenntnissen? – Anspruch und Verfahrensweisen der neuzeitlichen Naturwissenschaften